Stumpfe Heilsbotschaft

Also David Hockney. Der Swimmingpool-Hockney ist zum Baumstumpf- und Bergpredigt-Hockney geworden. Selten war die Farbe grün grüner als in „A Bigger Picture“ im Musum Ludwig zu Köln. Apropos Stumpf: Der Stumpf-Sinn ist nie weit bei Hockneys obsessiven Variationen des Immergleichen, Banalen. Gut – eine gewisse Faszination geht von derlei „Konsequenz“ natürlich schon aus (naturgemäß sozusagen). Aber ist das ganze Unterfangen nicht eigentlich nur eine Dreistigkeit, eine Unverfrorenheit, ein sich als naive Malerei tarnender Anschlag auf kultivierte Bildfindung?

Die Arbeiten Hockneys sind tatsächlich simpel, sie verbergen nichts, deuten erstmal auf nichts außerhalb ihres Sujets, also europäischen Wald-, Wiesen- und Feldlandschaften in Frühling, Sommer, Herbst und Winter, hin. Mit viel Mühe und dem entsprechenden Hintergrundwissen kann man Homoerotisches heraus-, bzw. hineinlesen. Muss man aber nicht. Führt auch nicht weiter.

Viele Zeichnungen sind mit Hilfe einer ungenannten Anwendung am Tablet-Rechner entstanden (dieser wird allerdings stets mit dem vollen Marken-Namen benannt). Tatsächlich witzig ist, dass Hockney offenbar den Entstehungsprozess dieser Werke auf dem Rechner mitgeschnitten hat und man so die routinierte Bildkomposition im Zeitraffer bei einigen Werken mitverfolgen kann.

Hockneys nur von sehr peripherer Ironie gemilderte Darstellung von Jesu Bergpredigt, die, wie immer in dieser Ausstellung, mit allen Skizzen, Studien, Vorstudien und Probe-Realisierungen im wahrsten Sinne des Wortes erschöpfend präsentiert wird, verdient besondere, hm, Beachtung. Es handelt sich hierbei, wie ich nach ultra-kurzer Internet-Recherche herausfand, um ein post-postmodernes Re-Enactment eines Gemäldes von Claude Lorrain (1600 – 1682). Post-postmodern deswegen, weil das Wiederaufgreifen einer historischen Bildfindung zunächst wie postmoderner Mainstream anmutet, Hockneys Appropriation jedoch frei von „dekonstruierender“ Skepsis zu sein scheint (die ja nun mal die conditio sine qua non der Postmoderne ist bzw. war) – sie kündet einzig und allein von der Gewissheit des Glaubens an die jesuanische Heilsbotschaft. Hockney steht so zweifellos Michael Triegel näher als, sagen wir, Jeff Koons.

Er scheint mir ein Künstler zu sein, der vor allem nach breiter, wenn nicht breitester Anerkennung strebt (Nein, nicht alle Künstler streben vor allem nach Anerkennung, einigen geht es auch um Wahrheit, um Erkenntnis, um Fortschritt, oder um wirtschaftlichen Erfolg, anderen wieder um Hipness – legitime Ziele sind das allesamt). Er dürfte sein Ziel – einmal wieder – erreichen.

Und natürlich strömen sie, die Massen. Die Männer, vor allem die älteren, oft skeptisch bis ablehnend („Simpel, das ist einfach nur simpel.“), die Frauen manchmal irritiert, manchmal begeistert (im Sinne von „Endlich traut sich mal einer!“). Aber was eigentlich genau wird sich hier „getraut“?

Ich habe diesen Artikel zeitgleich in meinem Community-Blog beim Freitag veröffentlicht. Die Debatte dazu lässst sich hier verfolgen.

10 Kommentare zu „Stumpfe Heilsbotschaft

  1. Weiß nicht was du da wieder faselst. Ich war auch in der Ausstellung. Fand die Bilder wunderschön. Kritiker und Blogger Streben auch nach Anerkennung, wer tut das nicht?

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    1. Es gibt ja auch ein paar ungemütlichere Bilder in der Ausstellung (es sind die besseren), die aber vor den einfach nur lieblichen eben sehr in den Hintergrund treten. Deshalb drängte sich mir der Eindruck auf, dass hier jemand sein Talent ohne künstlerische Notwendigkeit einseitig in Richtung Gefälligkeit ausbeutet und dabei fast alles, was auch nur im Entferntesten nach „Problem“ riecht, einfach links liegen lässt. Wäre David Hockney ein Hobby-Maler ohne große Ambitionen, wäre mir das egal – aber er will nun mal in den bedeutendsten Museen der Welt ausstellen, also wohl auch als „relevant“ für die zeitgenössische Kunst gelten. Und da darf man dann schon ein wenig mehr erwarten als „wunderschöne Bilder“, die ständig versuchen, ihre inneren Widersprüche wegzuharmonisieren.

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  2. David Hockney hat es nicht nötig sich als gefällig zu präsentieren. Und die Ipad Bilder sind ja nun wirklich innovativ und von daher mit Sicherheit relevant für die zeitgenössische Kunst.

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  3. 16.12.12 / 3.20 Uhr / Kerzenschein

    [T]RAUM-ZEIT

    so viel Raumstille der Nacht !
    nur das Ticken der Uhr taktet Vergangenheit

    Neues dürfte sich aus der Tiefe ans Kerzenlicht wagen,
    alte neue Gedanken könnten,
    wenn sie wollten,
    sich anschleichen,
    leise
    wie Schneeflocken im freien fall
    und
    so hoffe ich,
    frisch wie das Meer
    und
    berauschend
    wie Wellenschlag in glitzernder Mondnacht

    „Sehnsucht“, flüstert Nachtwind am Ohr.
    Sehnsucht ?
    wonach ?

    wonach auch immer…

    ich werde es spüren
    wenn es soweit ist

    P.B.

    was, wenn man als künstler es müde wäre immer nur mit den „inneren widersprüchen“ zu arbeiten?
    was,wenn man eine neue idee , mit alter sehnsucht verbinden könnte?
    was,wenn einem neue arbeitsmaterialien neue möglichkeiten verschaffen?
    was,wenn man sich dann wieder wie ein alchimist fühlen kann ?
    was,wenn es einem dann einfach nur spass machen würde ?
    was, wenn es einem völlig egal wäre ,ob es andere „gefällig“ finden ?
    was,wenn man einfach nur tun kann was man will ?

    was,wenn man das FREISEIN in der kunst plötzlich voll nachfühlen könnte?

    – ZEITGENÖSSISCHE- gedanken einer konzept-künstlerin

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    1. Hallo Petra Blume,

      danke für das Gedicht und den Kommentar 🙂 Habe mich daraufhin auf Ihrer Homepage umgesehen, um das Gesagte besser einordnen zu können. Ok, zu Ihren (ich weiß: rhetorischen) Fragen, die ich jetzt einfach mal frecherweise als echte Fragen nehme:

      was, wenn man als künstler es müde wäre immer nur mit den “inneren widersprüchen” zu arbeiten?

      Diese spezifische Müdigkeit kenne ich als Künstler gut, als Kritiker flößt mir ausgestellte „Problemlosigkeit“ (wie bei Hockney) seit jeher aber Misstrauen ein. Das ist evtl. ein persönliches „Problem“ (hihi) – aber in meiner Kritik ging es mir auch darum, exakt dies zu, äh, problematisieren.

      was,wenn man eine neue idee , mit alter sehnsucht verbinden könnte? was,wenn einem neue arbeitsmaterialien neue möglichkeiten verschaffen? was,wenn man sich dann wieder wie ein alchimist fühlen kann ? was,wenn es einem dann einfach nur spass machen würde ? was,wenn man einfach nur tun kann was man will ?

      Wunderbar! Aber hier argumentieren Sie als Künstlerin, die sich von Hockney „inspiriert“ fühlt. Als Kritiker möchte ich aber auch das In-der-Welt-Sein von Kunstwerken thematisieren dürfen, d. h. die Art und Weise, wie sich Hockneys Malerei mit der Gegenwart „ins Verhältnis setzt“. Und da möchte ich eben harmonisierende Defizite entdecken dürfen, ok?

      was,wenn man das FREISEIN in der kunst plötzlich voll nachfühlen könnte?

      Aber – sollte Hockneys Freiheit nur in einem Freisein von der Arbeit mit inneren Widersprüchen bestehen, müssten seine Arbeiten doch früher oder später verflachen, oder? Und genau diese Tendenz sehe ich.

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  4. was,wenn das gedicht garnicht für irgendjemanden bestimmt war
    was,wenn das gedicht gar kein gedicht wäre
    was,wenn man es einmal unter der oberfläche versuchen würde zu „lesen“
    was,wenn es gar nicht „schön“ wäre

    was,wenn innere zerrissenheit sich nicht jedem offenbaren würde
    ( zitat:…..nur wer die sehnsucht kennt ,weiß wovon ich rede…)

    was,wenn all die anmaßenden kritiken nur eigene unzulänglichkeit verdeckt
    was,wenn da die angst vor menschlicher vergänglichkeit nicht wäre?

    was,wenn es nicht wichtig wäre wie lange etwas bestand hat
    warum auch?

    NICHTS ist von EWIGKEIT – zum GLÜCK

    ZITAT xavier naidoo:

    „Glaubst Du, dass der Wind weht,
    weil irgend jemand sagt: „Wind, weh jetzt“
    Glaubst Du, dass die Sterne, die am Himmel stehen
    leuchten, weil irgendwer sie anknipst ? Glaubst Du das ?
    Glaubst Du, dass die Elemente tun, was sie sollen,
    und nicht, was sie wollen ? Glaubst Du das ? Glaubst Du das ?
    Wenn Du das glaubst, dann wirst Du nie sehen
    und verstehen, was ich mein, wenn ich sag‘:

    Ich will frei sein,
    frei wie der Wind, wenn er weht.
    Ich will frei sein,
    frei wie ein Stern, der am Himmel steht.
    Ich will frei sein,
    ich will frei sein, nur frei sein, nur frei sein, nur frei sein.
    Ich will frei sein, nur frei sein,
    ich will frei sein, nur frei sein, nur frei sein, nur frei sein.

    Glaubst Du, dass die Erde
    aufhören würde, sich zu drehen,
    wenn irgendwer entschiede,
    dass es besser wär‘ für sie zu stehen ? Glaubst Du das ?

    Glaubst Du, dass irgendwer, irgendwo, irgendwann
    für Dich Dein Leben leben kann ? Glaubst Du das ? Glaubst Du das ?

    Wenn Du das glaubst, dann wirst Du nie sehen
    und verstehen, was ich mein, wenn ich sag‘:

    Ich will frei sein,
    frei wie der Wind, wenn er weht……………………..“

    was, wenn diese ALLES zu DAVID HOCKNEY zu sagen wäre

    was, wenn all unser gelaber hier aber dieses universum garnicht interessiert

    siehe auch unter „die Störenfriede“: austausch von frau B mit herrn B
    was ,wenn auch das garkeiner versteht

    na und ?

    ARTep

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    1. Sehr geehrte Petra Blume,

      bei mir kommt Ihr zweiter Kommentar so an:

      1. Ich habe Ihren ersten Kommentar nicht verstanden und vollkommen unsensibel und verkopft reagiert.
      2. Es mangelt mir komplett an Einfühlungsvermögen.
      3. Meine Hockney-Kritik ist reine Anmaßung und verdeckt nur meine eigene Unzulänglichkeit.
      4. Alles, was zur Hockney-Ausstellung zu sagen ist, drücken die Lyrics des von Ihnen zitierten Xavier-Naidoo-Songs aus.
      5. Was Sie und ich hier tun, empfinden Sie als „Gelaber“, das niemanden interessiert.
      6. Es könnte sein, dass ich auch Ihren zweiten Kommentar nicht verstehe, dies wäre Ihnen aber egal.

      Ok.

      Also gut.

      Hier meine Antworten:

      zu 1: Das war reines Kalkül. Die Provokation ging offenbar auf 🙂
      zu 2: Das mag sein. Sollte ich Ihre Gefühle verletzt haben, so tut mir das leid.
      zu 3: Können Sie das bitte begründen?
      zu 4: Ok, wenn Sie meinen.
      zu 5: Damit disqualifizieren Sie sich ohne Not selbst. Warum?
      zu 6: Sie lieben offenbar die paradoxe Kommunikation: „Ich teile mich mit, möchte aber um keinen Preis verstanden werden.“ Auf Dauer ein dröges Spiel, oder?

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  5. was,wenn es hierbei doch garnicht um mich oder gar um sie geht
    was,wenn es einfach nur um „stumpfe heilsbotschaften“ ginge
    (siehe inzwischen ganz oben ! – aha !)

    aber
    was, wenn man die geister die man rief nicht wieder los werden würde 😦
    was, wenn man „der tunnel“ von dürrenmatt gelesen hätte

    und
    siehe auch unter “die Störenfriede”: austausch von frau B mit herrn B !!

    was,wenn das garkeiner gelesen hätte
    was,wenn auch das garkeiner versteht

    störenfried
    ARTep

    P.S.: kommentar 6. und zu 6. : volltreffer ! with comliments 🙂

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  6. was wenn ein störenfried garkein störenfried ist
    was wenn störenfriede garnicht stören
    was wenn kommentare einfach nur stören
    was wenn kommentare einfach verschwinden
    was wenn die DIKTATUR in der kunst einzug hält
    was wenn gerade dies KUNST zum leben erweckt

    die uhr taktet vergangenheit
    noch

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