«2003» visualisiert

This article is re-blogged and was originally released 2014-12-14.

4 Kommentare zu „«2003» visualisiert

  1. – mir stellt sich die Frage, ob das Stück auf ein physisches Orchester ausgelegt ist, auf ein elektronisches, oder auf beides. Würde es gleichermaßen funktionieren, würde man etwas ändern müssen? Ein Hybrid wäre insofern spannend, als es dann eigentlich zwei verschiedene Stücke mit selben Notenmaterial wären.

    – mein Höreindruck sagt mir, dass ich es in einer Orchesterversion langweiliger fände, als mit Samples. Die Einsätze sind härter, präziser – das hört man weniger, als dass man es weiß. In gewissem Sinne könnte man die Entstehungsweise der Klänge hören. Bei Orchestermusik also quasi der Schweiß der Violinisten, hier eher das klackern des Keyboards, oder vielleicht die Improvisationsdenkprozesse, die ablaufen. Irgendwie ist das immer ein Aspekt beim Musikhören, ob man den Weg dahin, die Entstehung, mithören kann. Den offensichtlichen Gedanken, wie „Ahja, jetzt nimmt er das und fügt dies dazu“.

    – die harten und durchdringenden Töne der elektronischen Samples finde ich komischerweise angenehm. In (m)einer leicht depressiven Stimmung wirken sie irgendwie passend…

    – der Aspekt Vierteltönigkeit wird von mir hier kaum als solcher wahrgenommen; eher wird das Klavier zu einem weiteren Glockeninstrument.

    – die Streichersamples bringen für mich eigene Assoziationen mit: An Low-budget filme, low-budget Spielmusik einer bestimmten Zeit (sagen wir, so um 2000 rum). Diese Geschichte höre ich mit. Abgesehen davon finde ich die Klänge irgendwie so eine halbe Sache. Entweder der oben angesprochene Hybrid, oder halt… sagen wir, ein expliziterer elektronischer Klang würde mir da eher gefallen.

    – die Übergänge zwischen Minimalismus und Nichtminimalismus haben mir schon Kopfzerbrechen bereitet. Hier steht das auch nebeneinander, ich weiß nicht, ob mich das stört, aber es ist irgendwie unbefriedigend. (Am Anfang. Ich glaube, wenn der Minimalismus wiederkommt, erlebe ich keinen Bruch, eher war das andere dazwischen eine Störung. Aber die Unvereinbarkeit dieser Stile existiert wahrscheinlich nur in meinem Kopf…)

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    1. @Philipp: Danke für diese ausführliche Rückmeldung – das hat mich sehr gefreut!

      Im Einzelnen:

      „2003“ ist – wie alle meine eMusik, direkt „auf“ und mit den Samples im Rechner komponiert. Das Stück ist den Samples sozusagen „abgehört“. Die „Partitur“ besteht aus der entsprechenden MIDI-Datei und den zugehörigen Sample-Spielanweisungen (=“Nehme Staccato-Variation 1″ etc.).

      „mein Höreindruck sagt mir, dass ich es in einer Orchesterversion langweiliger fände, als mit Samples.“ – Exakt das befürchte ich auch (und zwar bei allen meinen derartigen Stücken). Die brutale Präzision von Samples bekommt man in einem Orchester sicherlich nicht so hin, denke ich mir als Orchesterlaie mal – dafür hat ein humanoides Ensemble ja zweifellos andere Qualitäten 😉

      „die harten und durchdringenden Töne der elektronischen Samples finde ich komischerweise angenehm.“ – Geht mir genauso.

      „der Aspekt Vierteltönigkeit wird von mir hier kaum als solcher wahrgenommen…“ – Gut so, es soll auch nur als Sound wahrgenommen werden. Explizite Mikrotonalität ist ja oft recht stressig zu hören.

      „die Streichersamples bringen für mich eigene Assoziationen mit: An Low-budget filme, low-budget Spielmusik einer bestimmten Zeit (sagen wir, so um 2000 rum).“ – Ja, mit den Streicher-Samples bin ich auch am Wenigsten zufrieden, da gibt’s aber mittlerweile was Neues, sog. „Dimension Strings“ mit eingebauten „schlechten Spielern“ (kein Witz). Herbert Tucmandl, der CEO der Vienna Symphonic Library, stellte fest, dass die bisherigen Samples zu wenig Unregelmäßigkeiten enthielten und hat versucht, das mit dieser Technologie zu ändern. Das Witzige ist, dass man den Anteil an „schlechten Spielern“ sogar kalibrieren kann. Sobald Geld da ist, besorg ich mir die (ca. 600 EUR).

      „die Übergänge zwischen Minimalismus und Nichtminimalismus haben mir schon Kopfzerbrechen bereitet.“ – Mir auch 😉 Letztlich ist es der Versuch, inkommensurable Elemente persönlichen Erlebens mit ästhetischen Mitteln darzustellen, ohne gleich alles (dialektisch oder sonstwie) zu „versöhnen“. Ich bin irgendwie sogar stolz drauf, hier die Dinge unverbunden nebeneinander stehengelassen zu haben, obwohl man so natürlich Stirnrunzeln beim Hörer erntet (siehe deine Einlassung). Also: Lieber ein „ehrlicher“ Torso als eine geglättete „Lösung“ (Diese Strategie gilt aber nur für diese Komposition, bei anderen Stücken habe ich die Dinge anders gelöst.).

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  2. Stefan, das Problem mit dem “Schlechten Spieler-Modus” wird trotz Kalibrierung sein, daß nur bestimmte Formen schlechten Siels auftauchen werden und diese zumeist auch an ungewöhnlicher Stelle. Ich kann mir etwa vorstellen, daß der „schlechte Spieler“ eine schwierige Passage gut spielt und dann plötzlich bei einer wenig anstrengenden Passage versagt.

    Ich meine das vermuten zu können, weil ich bei einem Schachprogramm mit möglicher „Freund-Einstellung“ das Gefühl habe, daß das Programm vornehmlich auf taktischer Ebene patzt und weniger im konzeptuellen, strategischen Bereich. Krumme Spielstrategien entwickelt so ein Programm weniger (es sei denn ganz krumme), es übersieht eher „elementare tactics“. Kaum wird es mich also „erfreuen“ mit einer Strategie, die nicht völlig zum Stellungstyp passt und von mir als unpassend entlarvt werden kann.

    Aber ich überlasse Dir das Prüfen und Bewerten solcher Funktionen im Musikbereich. Wer weiß, vielleicht ist dieser Service ja höchst ausgefeilt.

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    1. @Gerhard: Danke für deinen Beitrag. Ziemlich subtile Geschichte, so ein Vergleich/Abgleich von Experten-/KI-Systemen (denn um nichts anderes handelt es sich hier). Da traue ich mir jetzt kein wirkliches Urteil zu (zu komplex, die Materie), nehme aber zugunsten von Tucmandl an, dass er bestimmte kontextsensitiv „unlogische“ Patzer evtl. schon mal rausprogrammiert hat. Ich bewege mich hier aber im Bereich der Spekulation.

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