«HarpsiLog 2» for harpsichord (ePlayer-Realisierung)

blanchetSoundfont Dreiregistriges Cembalo „Blanchet 1720“ (Nachbau von 2005). Ich habe hier ausschließlich Register 2 (ein hell klingendes 8′-Register) verwendet. Der Font ist, wie man hört, von fantastischer Qualität, sehr stark in den Bässen und in diversen Formaten frei und legal hier herunterzuladen.

grandorgueSample Player GrandOrgue, eine sehr gute, aber bedienungstechnisch mitunter alptraumhafte kostenlose Software aus Frankreich. Ich habe mir die Mühe und den Spaß gemacht, das Interface von GrandOrgue dem Blanchet ein wenig anzupassen. Das historisch und instrumentaltechnisch nicht wirklich korrekte, aber amüsante Ergebnis zeigt der Screenshot rechts. Für größere Ansicht auf das Bild klicken.

Faltungshall Schellingwoude Kerk Amsterdam (Fokke van Saane), unter Verwendung des VST-Plugins Freeverb3 Impulser

Kompositionsnotiz

Ausgangsmaterial für diese Komposition war der PianoLog 2008-09-21. Allgemeines zur Umarbeitung eines Klavierstücks für Cembalo habe ich bereits anlässlich des HarpsiLogs 1 gesagt, weswegen es hier nicht wiederholt werden muss.

Das Stück gliedert sich in zwei Abschnitte. Abschnitt 1 geht bis 03:09 und kommt ernst, gravitätisch, karg, streng und düster daher. Abschnitt 2 dagegen strahlt einen das Zynische streifenden Sarkasmus aus. Dies ist aber eine nachträgliche Selbstinterpretation, ich habe mir diese Ausdrucksqualitäten nicht vor Beginn der Improvisation „vorgenommen“, sie haben sich – wie stets – „ergeben“. Andere HörerInnen des Stücks werden vermutlich andere emotionale Botschaften empfangen.

War der HarpsiLog 1 von der Musik William Byrds inspiriert, so regte mich für die #2 ein fantastisch-melancholisches, eigentlich für Clavichord – einer Art vibratofähigem Reise-Cembalo – konzipiertes Stück des in Stuttgart geborenen, nicht sonderlich bekannten Komponisten Johann Jakob Froberger (1616 – 1667) an. Es trägt den Titel Lamentation faite sur la mort très douloureuse de sa Majesté impériale, Ferdinand III, An. 1657 (FbWV633). Besagter Kaiser Ferdinand III. war der Arbeitgeber des Komponisten am Wiener Hof, sein Tod führte schließlich zur Streichung von Frobergers Stelle als Hoforganist. Die vorliegende Interpretation wurde 1998 von Chiaki Ikenoue als Standard MIDI File sequenziert und ist bei classicalarchives.com frei herunterzuladen.

Ich habe Ikenoues Datei ein wenig aufpoliert und anschließend mit (fast) den selben Mitteln wie meinen HarpsiLog 2 zum Klingen gebracht, allerdings in der historischen Werckmeister-Stimmung („Werckmeister III“). Diese wurde zwar erst einige Jahrzehnte nach Frobergers Tod populär – aber sämtliche anderen, älteren Temperierungen, die ich ausprobierte – es handelte sich um Varianten der mitteltönigen Stimmung – klangen für mich eher gruselig, will sagen inadäquat. Eine rasche Internetrecherche ergab, dass sich die MusikologInnen ohnehin nicht einig darüber sind, wie Froberger sein Clavichord gerne stimmte. Klar ist nur, dass er sich, was das Thema Temperierung betraf, den verschiedensten Einflüssen seiner Zeit gegenüber offen und interessiert zeigte. Das Ergebnis meiner Bemühungen ist hier anzuhören:

An Frobergers Komposition gefällt mir, dass sie kein bisschen nach drögem, klugscheißerisch-redundantem Nähmaschinencembalo à la JS Bach klingt, wie es die öffentliche Wahrnehmung dieses äußerst ausdrucksstarken Instruments leider weiterhin prägt. Natürlich gibt es auch den „expressiven“ Bach, den ich ungemein schätze – aber den meine ich jetzt grade nicht.

Froberger komponiert nicht nur sparsam, sondern gleichsam elliptisch. Durch die an Manieriertheit grenzenden ständigen Dehnungen und Stauchungen des Tempos glaubt man, auch die „ungespielten“ Töne zwischen den tatsächlich hörbaren wahrnehmen zu können. Und gegen Ende der Komposition geraten Froberger dann gleich mehrere harmonische Wendungen so unerwartet und fremdartig  – wenn es nicht so anachronistisch klänge, würde ich es „avantgardistisch“ nennen – , dass ich, obwohl ich die „Klage“ nun wirklich schon seit Jahren kenne, ein ambivalentes Erschauern bis heute nicht ganz unterdrücken kann – und will.

2 Kommentare zu „«HarpsiLog 2» for harpsichord (ePlayer-Realisierung)

  1. Sehr liebevoll aufbereitet!

    Was sind denn das für drei Töne am Schluß der Froberger-Komposition? War das eine Möglichkeit, ein Stück abzuschliessen?

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