zum Teil 2 Es gab und gibt also jede Menge Angehörige musikalischer tribes, die das Musik-Konzept Drum and Bass aufgrund ihrer soziokulturellen Loyalitätsbedürfnisse nur als defizitär wahrzunehmen in der Lage sind. Besonders schlimm scheint mir dies bei den JazzerInnen zu sein. Sie erkennen natürlich sofort die Samples aus ihren Lieblingsplatten und werden von diesen entsprechend getriggert. Umso enttäuschter und zorniger sind sie dann, wenn kein „Solo“ kommt und stattdessen mehr oder minder amorphe ambiente Klangwolken durch den akusmatischen Raum treiben. Dieser Zorn (und ich spreche hier aus eigener Erfahrung) verstellt ihnen dann komplett den Blick für die von individualistischem Jazz-Expressionismus komplett losgelöste ästhetische Botschaft des Drum and Bass.
Drum and Bass ist, wenn man so will, „Ambient Music auf ekstatischen Beats“. Wenn, wie es bei den in dieser Mini-Reihe präsentierten Tracks m. E. nach der Fall ist, dieses Konzept aufgeht, kommt dabei Musik heraus, die zwei komplett entgegengesetzte Botschaften gleichzeitig mit gleicher Intensität aussendet, ohne diese Widersprüchlichkeit aber jemals aufzulösen. Botschaft 1 lautet: „Nimm Abstand, kontempliere, werde ruhig und betrachte die Dinge aus der Distanz!“, Botschaft 2: „Flippe aus, lass alles heraus, ohne Rücksicht auf Verluste!“
Vielleicht ist diese ungelöste und wohl auch unlösbare ästhetische Ambivalenz ein besonders reiner Ausdruck des Eigenwerts meiner Generation, der Generation X. Und die konnte sich ja bekanntlich auch nicht durchsetzen.