Der deutsche Bundeswehr-Prof mit italienischen Wurzeln Carlo Masala ist durch diverse Talkshow-Auftritte zum Russisch-Ukrainischen Krieg in kurzer Zeit recht bekannt geworden, obwohl er dessen Verlauf genau so falsch eingeschätzt hat wie seine Kollegen. Mittlerweile ist er aber erstaunlicherweise doch zum Drosten dieses Themas geworden. Der zweistündige Podcast mit Jagoda Marinić vom 23. September diesen Jahres zeigt, warum: Er ist in der Lage, über ein komplexes Thema wie Geopolitik verständlich zu sprechen, ohne dass die Zuhörerin den Eindruck bekommt, für dumm verkauft zu werden. Er doziert weder vom Katheder herab, noch biedert er sich an.
Carlo Masala – Die neue Welt(un)ordnung – FREIHEIT DELUXE mit Jagoda Marinic
Der Zerfall der noch herrschenden „liberalen Weltordnung“ unter Führung der USA, so Masala, sei nicht mehr aufzuhalten. Sie wird abgelöst durch eine bipolare Welt der Akteure China und USA, die sich aber beide nicht mehr verpflichtet sehen werden, global Verantwortung zu übernehmen, wie das die USA und die Sowjetunion angesichts der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges noch taten (vgl. NATO und Warschauer Pakt als Akteure eines „Gleichgewichts des Schreckens“). Vielmehr sieht er eine Weltordnung der Einflusssphären wie zu Zeiten des Wiener Kongresses zurückkehren: Jede der beiden Großmächte sorgt für Ordnung im eigenen Lager, ohne sich um das Große Ganze zu kümmern.
Das ist eine einigermaßen desaströse Perspektive, vor allem auch unter Klimaschutzaspekten. In Masalas ein wenig kneipenkumpelhafter Vortragsart klingt sie allerdings gar nicht so schlimm. Falls das jemanden tröstet.
Ich frage mich auch immer, woher jeweils die Expertise eines Fachmanns kommt. Man muss offenbar allzeit den Riecher für jene Erzählungen haben, die sich allseitig stimmig erweisen.
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@k&g: Was du beschreibst, trifft eher auf Experten-Darsteller wie RD Precht zu (obwohl ein „Philosoph“ per definitionem ja gar kein Experte ist), nicht aber für echte Experten wie Drosten und eben auch Masala, die jahrzehntelang in Fachkreisen vor sich hinwerkeln und dann schlagartig aufgrund eines gesellschaftlichen Großereignisses ins Rampenlicht geschmissen werden. Drosten hat sich ja schon vor einiger Zeit wieder rausgenommen mit dem Argument, keine Zeit mehr für seine eigentliche Arbeit zu haben. Eine Haltung, die Vertrauen einflößt. Masala schätze ich ähnlich ein, obwohl er – nicht hier, aber in seinem Podcast „sicherheitshalber“ und in seinen Tweets – mitunter schon ziemlich auf die Kacke haut und mit flotten Sprüchen nicht geizt. Aber das ist natürlich eine Sache der Persönlichkeit. Vielleicht wird’s auch ihm irgendwann zuviel, oder – was noch besser wäre – die ganze Kriegs-Scheiße endet einfach irgendwann und er wird nicht mehr gebraucht.
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