electronica by shsmf

SoundCanvas SC-88 Pro, Roland 1996

In den Nullerjahren habe ich unter dem Pseudonym shsmf (stefan hetzel standard mIDI files) eine Menge Electronic Listening Music am heimischen Rechner geschraubt. Die Klänge stammten ausschließlich von zwei japanischen Desktop-Soundmodulen, die auch gelegentlich – sprachlich unschön – Rompler genannt wurden bzw. werden, dem SC-88 Pro von Roland und dem SD-90 von Edirol (also quasi auch von Roland). Diese canvases (=“Leinwände“), die bis heute meinen Kohlenstoffwelt-Desktop zieren, enthalten eine Unzahl von teils brillanten, teils eigenwilligen und teils schlicht fremdartigen Samples aus sehr unterschiedlichen musikalischen Provinzen, mit deutlichem Schwerpunkt auf dem Geschmack japanischer gamer, der mir damals äußerst exotisch erschien, denn ich habe mich für Computerspiele niemals interessiert und kannte diese Klangwelt nicht, was im Übrigen bis heute so geblieben ist.

StudioCanvas SD-90, Edirol 2001

Vielleicht gerade, weil sie so sperrig und nur bedingt modifizierbar waren, stachelten diese mittlerweile längst schon wieder historischen Klänge meinen schöpferischen Ehrgeiz nachhaltig an und so verfertigte ich zwischen 2000 und 2010 insgesamt 31 Tracks mit einer Gesamtdauer von ca. 4 Stunden, die sich ausschließlich aus den Archiven des SC-88 Pro und des SD-90 bedienten. Hinzu kamen zwei Tracks, die zusätzlich externe Samples in Anspruch nahmen und ein Track, der ausschließlich externe Samples verwendete. Hier eine Übersicht:

  • ambients 11 Tracks, entstanden 2000 – 2006 (alle SC-88 Pro), inspiriert von Aphex Twin.
  • line groover 8 Tracks, entstanden 2002 – 2010 (##1 – 4 SC-Pro, ##5 und 8 SD-90, #7 SC-88 Pro und ext. Samples, #6 nur ext. Samples), inspiriert von allen Formen von Techno und House, die ich damals kannte.
  • money jungle 11 Tracks, entstanden 2004 – 2010 (##1 – 7 SC-88 Pro, ##8, 9 und 11 SD-90, #10 SD-90 und ext. Samples), inspiriert von allen Drum and Bass und Jungle-Tracks, derer ich habhaft werden konnte.
  • ordinary musics 4 Tracks, entstanden 2002 – 2006 (alle SC-88 Pro), entstanden ohne spezielles Vorbild.

Wer jetzt neugierig geworden ist, kann sich hier alles anhören:

shsmf’s electronica tracks

The Internet Archive

Ich höre diese Arbeiten heute selten, aber immer noch gerne. Sie sind „Kraut & Rüben“ im besten Sinn: Einiges hat sich gut gehalten, Anderes ödet mich jetzt eher ein wenig an, wieder Anderes wirkt, vor allem wg. der sehr zeittypischen und mittlerweile komplett nach vintage klingenden Sounds, auf skurrile Weise unterhaltsam. Gute Laune bekomme ich in jedem Fall beim Hören.

Ich setze alle vier Reihen gelegentlich bis heute fort – ambient 12ff., line groover 09ff., money jungle 12ff., ordinary music 06 ff. –, allerdings habe ich mich seitdem nicht mehr auf die Roland-Module als Klangquellen beschränkt, obwohl sie weiterhin gelegentlich zum Einsatz kommen.

Viel Spaß beim Rauschen & Lauschen wünscht

shsmf aka Der Blogbetreiber

Update 2021-01-19 Das alte Korpus wird runderneuert!

  • Upload 2021-01-17 hell’s just one step away (line groover 01), just patterns (line groover 02), gamelan swing (line groover 03)
  • Upload 2021-02-08 oceanic fart (ex dark, line groover 04)

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5 Kommentare zu „electronica by shsmf

  1. Einiges hatte ich mir ja schon mal angehört. „Small insect“ etwa. Erinnere mich gerade an den Titel, weil ich mittlerweile ein entspanntes und neugieriges Verhältnis zu Insekten habe. Ich meine mich auch zu erinnern, daß das Stück hier auch mal solo vorgestellt wurde – zusammen mit einem entspr. Foto.
    Daß Dich manches „ein wenig anödet“, scheint mir völlig normal.

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  2. Habe mich gerade aus der großen Menge Ihrer Musik erstmal durch „line groover“ gehört. Dass ich damit beginne, liegt nach ein paar Stichproben daran, dass das meinen bisherigen Musikerfahrungen (v.a. hörend, teilweise auch selber „bastelnd“) am nähesten kommt und für mich viel zugänglicher ist als einige Ihrer anderen Sachen.

    Ich finde, das hat sich durchaus gut gehalten. Manches klingt halt schon recht „typisch“ für das Genre, bis hin zum (vielleicht bewusst benutzten?) Klischee, aber wenn sich ein Klischee reinschleicht, wird das schnell genug in etwas Neues und mitunter Überraschendes überführt.

    War das damals nur eine „Phase“, oder machen Sie ab und zu immer noch „solche“ Musik?

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  3. @MD: Danke für’s freundliche Feedback. Das Typische kommt natürlich vor allem von den Sounds, die allesamt Presets sind, also unveränderte Werkssounds. Und da hat Roland/Edirol halt das genommen, was 1997 bzw. 2001 so angesagt war. Aber genau das war ja für mich hier die ästhetische Herausforderung beim Trackbasteln.

    Und: Ja, es war eine Phase, ich wollte mir beweisen, dass ich sowas auch kann. Ich habe elektronische Tanzmusik erst ca. Ende der 1990er-Jahre entdeckt und höre sie weiter mit anhaltender Begeisterung (siehe meine „Dubstep Week“ vor Kurzem). Aber von Haus aus bin ich kein Clubgeher und vor allem kein DJ: Null Erfahrung in dem Bereich. Ich finde tatsächlich die Musik interessant, nicht die Funktion, durch die sie sich angeblich erschöpfend definiert.

    Dass meine Kunstmusik-Produktion oft komplett „abgefahren“ ist, ist richtig. Das entspringt meinem Forscherdrang und meiner komplett unabhängigen (d. h. ungeförderten und institutionell komplett ungebundenen) Position. Ich bin hier tatsächlich in außerordentlich hohem Maße frei. Also tue ich tatsächlich, was ich will und was mich interessiert. Eine fantastische Position der splendid isolation, die ich sehr genieße, auch wenn mir klar ist, dass ich einen sehr hohen Preis dafür bezahle: Nur wenige interessien sich. Aber manchmal eben doch, z. B. Sie jetzt grade. Auch deswegen nochmals danke 🙂

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  4. In der Tat – eine ganze Menge Material, von dem ich manchen Titel schon als soundtrack und optimale Symbiose mit grandiosen Filmwerken Ralf Schusters kenne (so Nr. 3 a nice green world) und vieles bislang noch nicht, aber bevor ich alles angehört habe, muss ich meiner Begeisterung über Nr. 46 – 1984 Luft machen! Klasse Klasse Klasse!!! Ein weiterer heißer Anwärter für meine Endlosschleife….

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  5. @Volker: Danke, «1984» war auch ein besonders hartes Stück Arbeit, das Ding wollte einfach nicht werden und hat Form & Inhalt während des Kompositionsprozesses sehr stark verändert. Offiziell wird der Track übrigens erst am 21. März in der Weltsicht gefeaturet, vorher gibt’s noch einiges Andere zu präsentieren…

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