Effekt JB FSynth Pro
Verarbeitung Audacity
Faltungshall Large Stanford Stairwell
Kompositionsnotiz

Persönliches Weblog von Stefan Hetzel, Eibelstadt
to do
Die Musik ist ebenso authentisch afrikanisch, wie Mozarts Türkischer Marsch authentisch türkisch ist. Im Standard MIDI File von «Tetraktys-Variation 1 (reichianisch)» wurden alle Controller (Spielanweisungen) entfernt und die bisher stets gleichbleibende Anschlagsdynamik in zwei Stufen differenziert: Zunächst zeichnete ich in jedem der drei MIDI-Clips (Stimmen) der Komposition über die gesamte Dauer der jeweiligen Stimme eine Sinuskurve für die Dynamikwerte ein. Anschließend wurden diese velocities zusätzlich noch leicht randomisiert. Das Ergebnis sah dann so aus:
Das derartig modifizierte SMF wurde anschließend zur Partitur der Komposition erklärt.
Als Klangquelle diente mir der in Fachkreisen aufgrund seiner Komplexität bereits legendäre Softsynth „Oatmeal“ von Jakob Katz aka fuzzpilz (sic!) aus dem Jahr 2005, der nicht nur „Haferbrei“ heißt, sondern auch so ausieht:
Jeder der drei Stimmen wurde zunächst eine unabhängige Haferbrei-Instanz zugeordnet. Anschließend diente mir das Preset „SEQ Rythm Flow_m“ (orthographischer Fehler im Original) aus der Sammlung „Oatmeal-bkjf1-vf“ als Ausgangspunkt für die drei zu schreibenden Presets. Im Laufe des Kompositionsprozesses entwickelten sich diese deutlich auseinander, was erlaubt und gewollt war. Die basalen Wellenformen (siehe „oscs“-Block links oben auf dem Screenshot) sollten allerdings erhalten bleiben, um Beliebigkeit – das ästhetische Hauptproblem bei dieser Art, zu Komponieren! – zu vermeiden. So erklingt das Preset für die erste Oatmeal-Instanz bsp.weise 2 Oktaven tiefer als die beiden anderen, fungiert also als „Bass“.
Controller-Bewegungen, wie sie alle bisherigen Kompositionen dieser Reihe dominierten, habe ich mir hier untersagt. Das Schneiden und Umgruppieren der Clips, also „Komponieren“ im Wortsinn, war allerdings erlaubt. Aufgabe war es stattdessen, für jede der drei Stimmen ein so mächtiges Preset zu schreiben, dass während der knappen Viertelstunde, die das Stück dauern sollte, keine Langeweile aufkommt. Eine harte, aber lohnende challenge, denn so lernte ich die teilweise exzentrischen Parameter-Verknüpfungsmöglichkeiten des Haferbrei-Synths so richtig kennen und schätzen. Kompliment an fuzzpilz.
Die Arbeit an dieser Komposition war besonders quälend 1 . Damit will ich nicht sagen, dass ich mit dem Ergebnis nicht zufrieden bin.
Das auf die Loop-Elemente reduzierte Standard MIDI File, also die „Partitur“, von «Tetraktys-Variation 1 (reichianisch)» diente mir als Grundlage dieser Arbeit, die sich des Softsynths „Tetra“ als Klangquelle bedient. Im Gegensatz zur minutiös durchgeplanten ersten Variation habe ich hier mit den Softsynth-Parametern in Echtzeit, also „sessionmäßig“, improvisiert – am 16. Novemer 2019 war das – und währenddessen auch nichts mitnotiert, um meinen Flow nicht zu stören.
Die durch den improv-bedingten Kontrollverlust entstandenen Kratzer hätte ich in der Postproduktion eliminieren können, aber das hätte dem Konzept dieses Stücks widersprochen. Demzufolge ist «Tetraktys-Variation 2 (freihändig)», wie das nun mal bei musikalischer Improvisation so ist, auch nicht en detail reproduzierbar.
Der Softsynth Tetra wird in dieser Variation durch HG Fortunes Softsynth „Shuniji“ (=Regenbogen) ersetzt. Im Standard MIDI File, also der, wenn man so will, Partitur, wurden die Spuren mit den Akkorden und der Rhythmusbox gelöscht, so dass lediglich mit den Loop-Elementen gearbeitet wurde. Erlaubt waren ausschließlich mehr oder minder subtile Klangfarbenmanipulationen, für die sich Shuniji aufgrund seines „Regenbogenmoduls“ besonders eignet.
Nachdem die Komposition fertig war, stellte ich beim Anhören viele Ähnlichkeiten mit Steve Reichs „Octet“ aus dem Jahr 1978 fest, also habe ich das Stück dem verehrten Meister und Vorbild in tiefer Verehrung gewidmet.
Addendum 2020-20-09 Neueste Hörerfahrung suggerieren mir, bei Fortunes „Regenbogenmodul“ könnte es sich um eine Konfiguration von Kammfiltern handeln.
Der Name des verwendeten Softsynths „Tetra“ (= 4) veranlasste mich zu einer Internetsuche nach Begriffen, die „Tetra“ enthalten. So stieß ich auf die pythagoreeische Tetraktys. Die erste Fassung dieser Komposition stammt bereits aus dem Jahr 2010.
Die dezenten rimshot-Klänge stammen aus einer Sample-Bibliothek der anbetungswürdigen Rhythmusbox CompuRhythm CR-78, die von Roland in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrtausends gebaut wurde.
Bei der Controller-Automatisierung hab ich’s dann komplett übertrieben (Hyperfokus!). Nicht alle diese sorgsam aufgezeichneten Parameterbewegungen erzeugen hörbare Klang-Entwicklungen: