Der Titel der Doku klingt aufgrund seines nationalen Pathos‘ in meinen Ohren leider eher abstoßend (und auch nicht wenig irreführend), der Film selber weiß aber sehr wohl zu überzeugen: Es handelt sich um nichts anderes als eine Geschichte des britischen Post-Punk von 1975 bis 1985 (ungefähre Angaben!), die sich an den verwendeten elektronischen Musikinstrumenten entlanghangelt.
Autor ist der den Weltsicht-Besuchern bereits durch seine exzellente Krautrock-Doku aus dem selben Jahr bekannte Ben Whalley, dem es hier vielleicht noch einen Tick besser gelingt, ästhetische, technologische und soziokulturelle Aspekte eines zeitgeschichtlich noch recht nahen, aber definitiv bereits historischen Pop-Stils ohne jede belehrende Geste verständlich zu machen.
Für mich macht Whalleys Arbeit implizit klar, dass es sich beim Post-Punk um eine pop-ästhetische Epoche handelte, deren Entwicklung strukturelle Parallelen zu der der klassischen Avantgarden, vor allem des Surrealismus, aufwies:
- Zunächst erscheinen unabhängig voneinander kreative Köpfe, deren Output von der (zunächst winzigen) Öffentlichkeit sofort als „zusammengehörig“ identifiziert wird, die sich aber untereinander gar nicht kennen, geschweige denn sympathisch oder anziehend finden.
- Die Einzelköpfe „erkennen“ einander widerwillig – und beginnen gleichzeitig sofort, heftig um die „richtige“ Auffassung ihrer verbindenden Idee (die niemand „bündig“ zu formulieren weiß) zu streiten.
- Der Streit eskaliert, es kommt zu einer nicht endenden Abfolge von Ein- und Ausschlüssen (vgl. Throbbing-Gristle-Mitglieder im Film: „Wir waren NIEMALS Punks!“).
- Die „Bewegung“ zerfällt wieder, ohne sich jemals auf ein echtes „Programm“ geeinigt zu haben, was speziell im Fall des Post-Punk zu dem Gerücht führte, es habe ihn im Grunde „nie gegeben“. Whalleys Doku beweist aber das glatte Gegenteil.
Wieder lässt Whalley vor allem die ProtagonistInnen der Epoche sprechen – und er hat ihnen ganz offenbar die richtigen Fragen gestellt, denn Gary Numan, Cosey Fanni Tutti, Midge Ure oder Richard H. Kirk zeigen sich wach, auskunftsfreudig und vor allem – und das hat mich angesichts des in den Post-Punk fest implementierten „Depressionismus“ besonders überrascht – bester Laune 😉
Ich wünschte nur, ich würde das Englisch der EngländerInnen (so sympathisch es meist rüberkommt) besser verstehen…
Außer dem Foto-Dienstag gehört diese Weltsicht-Woche dann natürlich ebenfalls dem britischen Post-Punk 🙂 Im Einzelnen:
- Mi: Cabaret Voltaire
- Do: The Durutti Column
- Fr: A Certain Ratio
- Sa: Gary Numan
- So: ein Hetzelwerk, re-rendered under post-punk influence