Johannes Kreidler „rationalization – irrationalization“

Kreidlers Kompositionen haben in der Regel intellektuell-analytischen Charakter, sie sind ästhetische Aufklärung im Sinn der Arbeiten Alexander Kluges: Voraussetzungsreich und zunächst überaus spröde, ja intrikat, aber es lohnt sich, länger zu verweilen, um ihre vielfachen Zusammenhänge geduldig auszuwickeln.

Bei dieser Komposition denke ich nicht an „erweiterte Spieltechniken“ à la Lachenmann, denn es geht hier in keinster Weise um irgendeine Entlarvung irgendeines überkommenen ästhetischen Apparats. Die Glissandoflöte ist vielmehr Trigger nicht-musikalischer (hier: visueller) Events, sie dirigiert eine strukturierte Abfolge von Bildern und Clips. Diese wiederum mögen dem unerfahrenen Auge zunächst ein wenig kryptisch, aber jedenfalls nicht willkürlich erscheinen.

Je länger man hinhört und -schaut, desto stärker erschließen sich einem jedoch die aufklärerischen Absichten des Komponisten: Es geht um die Darstellung von universellen „Schönheitslinien“ im Sinn von Hogarths The Analysis of Beauty:

Die Glissandoflöte tut nichts anderes, als diese – in betont prosaisch und populär gehaltenem Medienalltagsmaterial aufgefundenen – Linien musikalisch zu repoduzieren. Und so erscheint die Auswahl des Instruments ebenfalls in keinster Weise zufällig, denn geschwungene Linien lassen sich akustisch nun mal am besten mit einem Instrument darstellen, dem feste Tonhöhen eher fremd sind (Ein Theremin wäre auch denkbar gewesen).

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