Pat Thomas „Three“ (2013)

Ein Meister seines Fachs, ich beuge mein Haupt in Demut.


patthomasThomas‘ Spiel ist von geradezu erschreckender Energie, verzichtet dabei aber nicht auf Stil, Logik und – besonders wichtig bei Improvisierter Musik – Dramaturgie. Darüber hinaus durchweht es in meinen Ohren stets & immer der Geist des Jazz, manchmal deutlich und greifbar wie in „Three“, das sich ab ca. Minute 3  und dann wieder ab 5’30“ eindeutig traditioneller Ragtime- und/oder Stride-Piano-Rhythmik bedient, manchmal nur als entfernter, aber klar identifizierbarer Nachklang.

Niemals klingt Thomas‘ Musik „abstrakt“ im schlechten, technokratischen Sinn, so wie (leider) sehr viel Kunstmusik. Sie ist aber auch kein endloses New-Age-Gedaddel ohne Oben und Unten, Hinten und Vorne. Vielmehr scheint mir durch alle der Avantgarde verpflichteten Klangforschung eine feine, aber allgegenwärtige Grundierung von Blues, Gospel und Soul hindurchzuschimmern.

Der Mann, so mein Eindruck, weiß auch in der scheinbar entrücktesten Cluster-Emphase genau, was er tut. Letztlich kontrolliert er das beim erstmaligen Hören evtl. chaotisch erscheinende pianistische Geschehen jederzeit, nur eben komplett anders, als dies der Interpret einer Kunstmusik-Partitur könnte.

„Three“ entstammt einer Performance aus dem Londoner „Cafe Oto“ vom 24. Juni 2013. Zwei weitere, mindestens ebenso brillante, aber durchaus andersartige Stücke vom selben Abend gibt’s hier kostenlos und legal in sehr guter Audioqualität herunterzuladen.

6 Kommentare zu „Pat Thomas „Three“ (2013)

  1. „Der Mann, so mein Eindruck, weiß auch in der scheinbar entrücktesten Cluster-Emphase genau, was er tut. Letztlich kontrolliert er das beim erstmaligen Hören evtl. chaotisch erscheinende pianistische Geschehen jederzeit, nur eben komplett anders, als dies der Interpret einer Kunstmusik-Partitur könnte.“
    Cluster-Emphase, nettes Wort 🙂
    Das „komplett anders“ signalisiert (für mich), daß Du das nicht näher ausführen magst, weil…weil es sonst womöglich zu einer uferlosen Darstellung und Betrachtung käme (für die hier kein Raum ist).

    Same goes for
    „Niemals klingt Thomas‘ Musik „abstrakt“ im schlechten, technokratischen Sinn,“
    Man weiß, was gemeint ist bzw. wie der Satz zu verstehen ist, dennoch bleibt er ein Stück rätselhaft.

    Das waren jetzt einige (unbedeutende) Reflektionen zum Morgen!

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  2. Ist jetzt der Ausstieg um 6:22 intendiert gewesen oder hat er sich „ergeben“?
    Nichts deutet ja m.E. aus den Klängen davor an, daß sich der Spieler plötzlich zurücknehmen wird.
    Meiner Vorstellung nach muß der Entschluß dazu 1, 2 Sekunden davor gefallen sein. Es kann aber auch sein, daß er schon längere Zeit intendiert gewesen war.

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