«walking, stuttering» for piano, 2015 (ePlayer realisation)

MIDI-Editoren MidiEditor (M. Schwenk), MIDIPLEX (Stas’M), Sekaiju (kuzu) sowie Cubase
Temperierung nach Lou Harrison (siehe Kompositionsnotiz)
Microtonal MIDI Software Harmonic, PianoTuner (F. Nachbaur)
Sample-Bibliothek Yamaha Maestro (CF III-Konzertflügel) (Mats Helgesson)
Sample-Renderer SynthFont2 (K. Rundt)
Faltungshall ORTF-Studiohall

Kompositionsnotiz

Das Stück basiert auf dem PianoLog 2007-01-25. Die Temperierung folgt einer Skala, die der US-amerikanische Komponist Lou Harrison in den 1950er-Jahren entwickelte:

Lou Harrison, "Incidental Music for Corneille's Cinna" (1956) 1/1=C

 0:  1/1     0.000000 unison, perfect prime
 1: 25/24   70.672427 classic chromatic semitone, minor chroma
 2:  9/8   203.910002 major whole tone
 3:  6/5   315.641287 minor third
 4:  5/4   386.313714 major third
 5: 21/16  470.780907 narrow fourth
 6: 45/32  590.223716 diatonic tritone
 7:  3/2   701.955001 perfect fifth
 8:  8/5   813.686286 minor sixth
 9:  5/3   884.358713 major sixth, BP sixth
10:  7/4   968.825906 harmonic seventh
11: 15/8  1088.268715 classic major seventh
12:  2/1  1200.000000 octave
dp
„Der Pianist“ (Foto: Sandra Buchner, März 2015)

Selbstbeobachtung, 8 Jahre später: Alles sehr wüst, sehr wütend, aggressiv, verstimmt, beleidigt, maßlos, impulsiv und ungerecht hingerotzt. In Worten wäre diese Musik größtenteils An/Klage, über was bzw. gegen wen auch immer. Umso notwendiger dann das abrupte Innehalten bei 04:08. Danach geht’s aber nicht minder bitter weiter. Die wörtliche Wiederholung der Eingangsphrase am Schluss wirkt wie eine sarkastische Parodie auf so etwas wie „Formwillen“. Gerade lese ich einen Artikel über „Handschrift im digitalen Zeitalter“ – und schlagartig wird mir klar, warum die Improvisation von so zentraler Bedeutung für meine Arbeit als Komponist ist, ist sie doch nichts anderes als „mit der Hand schreiben“, ein Prozess, der Körper und Geist derart integriert in Anspruch nimmt, dass immer etwas „Persönliches“, d. h. von Maschinen so nicht Simulierbares herauskommt. Was freilich noch nichts über die ästhetische Qualität des Outputs aussagt. An der muss die Komponistin arbeiten wie eh und jeh.

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5 Kommentare zu „«walking, stuttering» for piano, 2015 (ePlayer realisation)

  1. Ein Lehrer von mir hatte eine perfide Art, meine Not in Geschichte etwas grösser werden zu lassen, indem er mir in seinem 2. Fach eine 1 mit * verpasste und dieses Fach war „Schönschreiben“.
    Ausgerechnet dort, wo es nicht zählte und wo es für mich ein Leichtes war, bekam ich die Eins…und in Geschichte die Fünf, die allerdings sehr gnädig und nach langer Leidenszeit am Ende zu einer 4+ wurde.

    Das „Sehr Wütende“ konnte ich in keiner Phase des Stücks wahrnehmen. Wieso das so ist, keine Ahnung.

    Hat denn das „Hinrotzen“ auf dem Klavier, , so es eines war, etwas Therapeutisches oder Läuterndes 😉

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  2. „Verdruss“ und „Wut“ höre ich heraus. Ich wartete, leider vergeblich, auf die sog. Auflösung, den Frieden der gemacht wird, mit was auch immer. Scheinbar soll das aber, zumindest in dieser Komposition, nicht sein.

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  3. @Gerhard und Sandra: Eure Kommentare sind ein wunderbares Beispiel dafür, wie schlecht sich Instrumentalmusik eignet, um bestimmte Gefühle zu kommunizieren.
    @Gerhard: Klares Jein. Komponieren / Improvisieren ersetzt keine Psychotherapie (das ist das Nein im Jein), man (bzw. ich) hat aber nach dem Akt des Hinrotzens stets den Eindruck, aus „sinnlosen“/“negativen“/“destruktiven“ etc. Impulsen bzw. Gefühlen „etwas“ gemacht zu haben (das ist das Ja im Jein).
    @Sandra: Dein Eindruck ist richtig, hier ersetzt die nackte Erschöpfung die Auflösung.

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